Rückblick: Sword & Sorcery-Abenteuer von John Milius & Oliver Stone.
Wenn man heute von Fantasy spricht, ist der gemeinsame kulturelle Meilenstein ganz klar Tolkiens Herr der Ringe. Doch zwei Jahrzehnte bevor dieser Bilder von wackeren Zwergen, mächtigen Zauberern und epischen Schlachten in die Köpfe seiner Leser zauberte, war Robert E. Howards Conan bereits eifrig dabei, Gruften zu plündern, Monster zu zerhacken und Jungfrauen vor bösen Kulten zu retten – und wenn sich das nach einer guten Zusammenfassung der Taten eures World of Warcraft- oder Dungeons & Dragons-Charakters anhört, dann liegt das daran, dass Howards Einfluss auf die moderne Fantasy noch immer unterschätzt wird. Es ist nur passend, dass auch die Filmadaption von Conan der Herr der Ringe-Reihe von Peter Jackson zwei Jahrzehnte voraus war – doch auch hier stinkt der grobe Cimmerier gegen Tolkiens Hobbit-Bande ab, zumindest was das kulturelle Gedächtnis angeht. Was ein gottverdammtes Verbrechen ist, weil Conan, der Barbar (1982, niemand redet über das Remake) der vielleicht beste Fantasy-Abenteuerfilm aller Zeiten ist. Ganz recht. Suck it, Tolkien!
Zwei Dinge vorweg: Erstens muss dem geneigten Leser bewusst sein, dass diese Seite hier nach einem Zitat aus dem Film benannt ist, weshalb ich vermutlich nicht unbedingt die objektivste Meinung dazu haben werde. Conan beantwortet die Frage nach dem Besten im Leben berühmterweise mit:
To crush your enemies, see them driven before you,
and to hear the lamentations of their women.
Zweitens ist mir bewusst, dass Arnold Schwarzenegger, mal ganz abgesehen von seiner Muskelmasse gewordenen Kultigkeit, natürlich weder ein besonders guter Schauspieler noch eine besonders getreue Darstellung von Howards Conan ist – dieser war nämlich mitnichten bloß ein dummer Haudrauf, sondern durchaus auch ein gewitzter Taktiker und schlagfertiger Dieb. Ahnold ist nicht gerade dafür bekannt, in seiner Rolle zu verschwinden. Wer aber mal einen seiner Filme im Original gehört hat, der weiß, dass das auch seinen Charme ausmacht. Conan war sein großer Start in Hollywood – aber auch ein Team ausgebildeter Sprachcoaches konnte nicht wirklich etwas gegen Arnies Mundart ausrichten. Crom sei Dank, denn gerade seine Unbeholfenheit mit der englischen Sprache macht Conan so wunderbar sympathisch. In der deutschen Fassung geht damit natürlich leider viel davon verloren.
Die Geschichte des Films ist schnell erzählt: Conans Heimatdorf wird überfallen, seine Familie von einem bösen Zauberer ermordet und er selbst in die Sklaverei verkauft – nach seiner Befreiung macht er sich auf, Rache an dem Mörder seiner Eltern zu nehmen: Ein simpler Plot für einen simplen Mann. Auf seiner Reise durch Howards Hyboria begegnet er dabei zwei anderen vogelfreien Halunken, dem Schurken Subotai (Gerry Lopez) und der Krieger-Diebin Valeria (Sandahl Bergman), in die er sich natürlich verknallt. Dass mit Lopez ein professioneller Surfer und mit Bergman eine berufliche Stuntlady für diese Rollen gecastet wurden, ist für die Dynamik der Figuren reines Gold: Weil kein Mitglied dieses Trios ein ausgebildeter Schauspieler ist, wirkt ihre zögerliche, wortkarge Freundschaft wie die authentische Beziehung zwischen Kriegern und Dieben, die abseits von der pompösen Welt eines König Osric (Max von Sydow) ihr Gold normalerweise allein verdienen. Auf der anderen Seite liegt der Fokus damit auf der Körperlichkeit der Charaktere.
Das totale Gegenstück zu dieser Welt des Körperlichen bildet James Earl Jones als der Kultführer Thulsa Doom, der Conan seine Heimat und Familie raubt. Er bringt nicht nur den donnernden Bass seiner Stimme, die er schon Darth Vader lieh, sondern auch eine unheimliche Gelassenheit und Würde, die ihn auch ohne große Ansprachen zu einem bedrohlichen Bösewicht macht – und zum perfekten Wiedersacher im Muckis vs. Charisma-Konflikt mit Conan. Jones schenkt uns damit nicht nur die tolle Szene, in der Doom einen seiner Jünger einfach so als Machtbeweis in seinen Tod springen lässt, sondern auch Einstellungen wie seinen langen, durchdringenden Blick direkt in die Kamera, bevor er Conan seine Familie nimmt.
Gerade diese langen Einstellungen machen den Film nicht nur unter den großen, lauten Actionfilmen der 80er besonders, sondern lassen der wilden Welt Conans in großen Landschaftsaufnahmen viel Zeit zum Wirken. Wichtig dafür ist natürlich gerade der Soundtrack von Basil Poledouris, dessen beste Arbeit hier in wagnerianischem Bombast zu Abenteuern und Heldentaten einlädt. Dieser großartige Soundtrack spielt eine besonders wichtige Rolle, da der Film – gleich seinem wortkargen Protagonisten – mit minimalem Dialog auskommt. Laut eigener Aussage hat John Milius seinen Conan als visuelle Oper konzipiert, in der Bilder und Musik bereits die ganze Geschichte erzählen. Und tatsächlich erinnern die weiten wortlosen Strecken dieses Filmes eher an einen Stummfilm statt an die schnell geschnittenen Feuerwerke samt blöder One-Liner, für die Arnie später bekannt werden würde: So vergehen volle 20 Minuten, bevor unser Protagonist sein erstes Wort spricht.
Durch dieses ungewöhnliche Tempo finden viele Zuschauer den Film heute schleppend, ziellos oder sogar langweilig: Auf seiner Suche nach Rache verliert sich Conan immer wieder in kleinen Anekdoten am Wegesrand oder irrt durch endlos wirkende Gebirgstäler – doch gerade dieser Mut zu Maßstab und Weite machen diesen Film für mich zu einem nahezu perfekten Ausdruck eben der Abenteuerlust und dem Fernweh, zu denen eine gute Reise in fantastische Gefilde einladen sollte. Die Welt Hyboriens ist geerdet, belebt und schmutzig, doch voller verborgener Gefahren, alter Magie und funkelnder Schätze. Ihre Helden sind keine gutherzigen Schönlinge, sondern grobschlächtige Haudegen, die die Beute direkt wieder für Festgelage und Orgien verprassen. Conan, der Barbar entführt für zwei Stunden so unmittelbar in diese Welt, dass nur wenige Filme etwas Vergleichbares zustande bringen.
Das liegt nicht daran, dass andere Filme es nicht versucht hätten: Die Fortsetzung Conan, der Zerstörer (1984), das gleichnamige Remake mit Jason Momoa (2011) und Verfilmungen zeitgenössischer Abenteuer-Autoren wie Edgar Rice Burroughs‘ John Carter (2012) unternehmen alle ehrliche Versuche, die wilde Heimat ihrer Muskelhelden in ähnlicher Pracht zu inszenieren, verlieren sich aber in aufgesetztem Augenzwinkern oder visuellem Spektakel. Conan, der Barbar hat mit seinen Längen und furchtbaren Schauspielern eigentlich gar kein Recht, so großartig zu sein – aber manchmal kommen eben doch all diese Problemfaktoren zusammen und harmonieren auf eine Weise, die ein fast perfektes Ganzes erzeugt. Zumindest werde ich das auch weiterhin behaupten.
…and if you do not listen, then to hell with you!
Conan, der Barbar kann man auf Amazon Prime oder Netflix schauen.
Den Film gibt’s natürlich auch auf DVD und Bluray zu kaufen:
Großartiger Artikel! Kann ich Wort für Wort so unterschreiben.
Vor allem dieser Soundtrack… einfach umwerfend.
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Die Bücher sind auch gut geschrieben. (so als Jugenderinnerung)
Ich habe als Jugendlicher die ungebändigte Kraft von Robert E. Howard geliebt. Und fand die Besetzung von Arnold dann auch sehr passend. Alle Werke von Robert E.Howard strahlen diese Wildheit aus. Immerhin sind sie schon 80 Jahre alt. Ich empfehle auch die Taschenbücher von Terra Fantasy. Er hat ja nicht nur Conan geschrieben.
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Ich liebe diesen Film auch! Leider bin ich immer noch nicht dazu gekommen die Bücher zu lesen, stehen aber jetzt ganz oben auf der Liste;-)
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Ah Conan. Bis vor kurzem konnte ich mit den Romanen nichts anfangen, aber habe die Filme geliebt. Und just heute kam meine Conan DVD an. Ich gestehe, ich hab die Filme mehrmals gesehen aber aus mir unbekannten Gründen hab ich die DVDs / BluRays nie erworben. Das hab ich endlich nachgeholt und daher freue ich mich doppelt über den Artikel.
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„Ich weine für Conan. Conan kann nicht weinen.“ Wer bei solchen Zitaten keine sintflutartigen Testosteronausschüttungen bekommt, dem ist nicht mehr zu helfen 😀
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What is best in life? Crush your enemies. See them driven before you. Hear the lamentations of their women.
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