Ash vs Evil Dead

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Splattergaudi von Sam Raimi.

Evil Dead ist Kult mit gewöhnungsbedürftigem Geschmack. Sam Raimis schmuddeliger Studentenfilm hat eine Generation von Filmnerds mit einem Auge für handgemachten Low-Budget-Horror mit (metaphorischem und buchstäblichen) Herzblut herangezogen. Viele dieser Kids, die in den Hinterzimmern muffiger Videotheken aufgewachsen sind, machen heute selber Metzelfilme. Denen fehlt aber leider häufig das sympathische Augenzwinkern, dass die Evil Dead-Reihe zu idealen Party-Filmen macht. Höchste Eisenbahn also, dass das alte Filmteam, Ash und seine Kettensägenhand wieder zusammenkommen – in Serienform!


Ashley J. Williams hat es erfolgreich geschafft, sich die letzten Jahrzehnte so weit wie nur möglich von jeglicher Verantwortung für die Schrecken des Necronomicons – oder überhaupt irgendwelcher Verantwortung – fernzuhalten. Er lebt in einem Wohnwagen und sortiert die Waren bei Value Stop. Seine Freizeit schlägt er mit billigem Fusel und Gras tot – bis er schließlich hackevoll und high auf die selbst für seine Verhältnisse unheimlich dämliche Idee kommt, eine scharfe Kneipenbekanntschaft mit einer Lesestunde aus dem Necronomicon Ex Mortis beeindrucken zu wollen. Das uralte Böse wird erneut entfesselt, ergreift Besitz von sterblichen Hüllen und will die ganze Welt in Blut ertränken. Wieder einmal liegt es an Ash und seinen Versager-Freunden, die Suppe auszulöffeln und die Höllenbrut ein für allemal zurück in seine Heimatdimension zu treten.

Dabei macht der Mann mit dem Kinn – Bruce Campbell in der Rolle seines Lebens – natürlich fast einhändig (pardon) den Charme der Serie aus. Ash ist seit seinen Abenteuern in den Spielfilmen charakterlich stagniert: Er ist noch immer der grobe Großkotz von damals, nur eben etwas in die Jahre und Breite gekommen. Seine nichtvorhandene Entwicklung ist nicht nur als ein Augenzwinkern an die traditionsbewussten Evil Dead-Kultisten zu verstehen, sondern ist auch Grundlage für so manchen Ulk: Schon in den 80ern war der tumbe Macho-Haudrauf ein Liebesbrief an die simplen Leading Men vergangener Zeiten, im Hier und Jetzt sind seine markigen Sprüche in ihrem unschuldigen Sexismus und naiven Rassismus antiquiert, wofür er auch permanent gescholten wird. Das Endprodukt ist ein kaputter Typ mit einem Herz aus Gold, dessen Unbeholfenheit und Talent für physische Comedy einfach bezaubernd sind.

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Die Bande mittelloser Versager, die sich um Ash schart, ist natürlich auch bezaubernd. Der Mexikaner Honduraner Pablo ist dabei nicht nur Kollege und Sidekick für unseren Helden, sondern auch sein loyalster Fanboy, was ihn natürlich zu einem tollen Publikumsvertreter macht. Die Azubine Kelly hingegen bringt eine Fuck-the-World-Attitüde mit ins Team, welche sie nach einer kurzen Ungewöhnungsperiode selbst zu einer begnadeten Deadite-Killerin macht. Beide Figuren sind – für das Genre ungewöhnlich – nicht nur kompetent, sondern auch liebenswert und wirklich gut geschrieben. Lucy Lawless spielt die mysteriöse Ruby, welche die Gruppe auf ihrem Road Trip verfolgt und ein wenig zu sehr am Necronomicon interessiert ist.

Erzählerisch ist man ein wenig durch die Evil Dead-Schablone eingegrenzt: Kaum kommt der Trupp an einen neuen Schauplatz, tauchen schnell Leichen und Sonderlinge auf, die sich natürlich als besessene Deadites entpuppen. Das passiert unweigerlich und trotz aller Blauäugigkeit der Helden, die es eigentlich besser wissen sollten und dennoch immer wieder für komedischen Effekt auf das falsche Spiel reinfallen. Darauf folgen der obligatorische und trotzdem ideenreiche Splatter, Verwechslungen durch Sinnestäuschung und die gelegentliche schwarzmagische Ausrede für Bruce Campbell, sich selbst zu vermöbeln. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist aber jeder Charakter, der nicht zum Main Cast gehört, todgeweiht.

Diese Konventionen gehören natürlich einfach zum Erfolgsrezept des Stoffes. Man spielt dann auch zum Ende der ersten Staffel damit, wenn die Helden eine Gruppe attraktiver Teenager loswerden will, weil sie natürlich alle unweigerlich sterben müssen, wenn sie mit ihnen rumhängen. Problematisch ist da eher der große Metaplot, der Ash immer wieder zurück in jene Hütte im Wald bringt, wo alles begann. Dabei wird die ohnehin schon vertrackte Kontinuität der Filmreihe durch eine Verknotung der eigenen Mythologie weiter verkompliziert – bis man als Zuschauer irgendwann merkt, dass das einfach nicht die Art von Geschichte ist, die sich um den eigenen Kanon schert. Der Spaß an der unmittelbaren Action ist hier die Hauptattraktion.

Richtig sympathisch wird die Serie durch die offensichtliche Liebe, die im Produktionsdesign steckt. Während in der ersten Staffel noch der gelegentliche Computereffekt ein wenig deplatziert zwischen den tollen Latex-Monstern aussieht, ist der Rest der Serie eine Zeitreise in eine Film-Ära, in der jeder platzende Schädel oder zersägte Leib mit viel aufwändiger Handarbeit und großer Kunstblut-Sauerei verbunden war. Während moderner Low Budget-Horror mit digitalem Splatter langweilt, zwingt die Bastelarbeit zu Kreativität: Jede Folge ist bis oben hin voll mit zum Schreien komischem Gore, der jedem Sittenwächter und Naturgesetz den Stinkefinger zeigt. Besonders in Erinnerung bleibt eine gewisse Szene in der zweiten Staffel, welche Eingeweide und Popo eines Verstorbenen so mit unserer Hauptfigur verknotet, dass man sich eigentlich übergeben müsste, wenn man nicht damit beschäftigt wäre, Tränen zu lachen.

Am Ende ist es genau das, was Evil Dead damals wie heute toll macht: Eine Gruppe von lebenslangen Freunden, die mit nem Bier in der Hand und guter Rockmusik im Radio unter viel körperlichem Einsatz genau den abgefahrenen Scheiß dreht, den sie selber gern für nen Abend mit Kumpels aus der Videothek ausleien würden. Das Ergebnis ist eine einzige große Party, die immer auch den Humor haben wird, sich selbst auf die Schippe zu nehmen. Groovy.

 

 

 


Bei uns gibt’s beide Staffeln von Ash vs Evil Dead kostenlos auf Amazon Prime Video.

4 Gedanken zu “Ash vs Evil Dead

  1. Huhu,
    ich bin jetzt schon länger mit der 2. Staffel durch und betone immer wieder, wie sehr mir Ash doch fehlt! Die 30-minuetigen Folgen waren perfekt austariert. Warte schon sehnsüchtig auf Staffel 3!😊

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    1. Tausend mal ja! Für das kurzweilige Tempo der Serie ist die knappe Länge der Episoden super wichtig – während die Herrschaften bei The Walking Dead zwischen dem Geschnetzel mit langen Gesichtern und grimmigem Gemurmel durch die Felder streifen, steckt Ash schon längst wieder in Deadite-Eingeweiden. 🙂

      Gefällt 1 Person

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