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Grusel-Throwback von Andy Muschietti.

Es ist Spuktober! Und als ob da draußen nicht genug Horrorclowns rumrennen würden, kehrt Pennywise zurück. Stephen King hat mit Es den höchsten Thron jedes Popkultur-Autors erklommen: Er hat erreicht, dass seine und alle zukünftige Generationen niemals wieder einen Clown betrachten können, ohne dass er nicht ein klein wenig gruselig ist.
In Derry treibt ein albtraumhaftes Ungeheuer sein Unwesen – ein Ding, das mal in Gestalt eines Clowns, mal als Personifizierung deiner schlimmsten Ängste Jagd auf Kinder macht. Der Losers Club, eine Schicksalsgemeinschaft gebeutelter Kids, beschließt, den Spieß umzudrehen und liefert sich einen erbitterten Kampf gegen die übernatürliche Heimsuchung von Derry und die noch viel schlimmeren Eltern und Pausenhofschläger.

Wer das Buch – dick genug, um eine Kugel aufzuhalten – oder den TV-Zweiteiler mit Tim Curry kennt, der weiß natürlich schon, wie die Geschichte ausgeht. Neu sind einige Schreckensszenarien, tolle Kinderschauspieler und das Setting von 1989. In all diesen Punkten scheint dieser Film aus der gleichen Zeitkapsel wie Stranger Things zu stammen, welches auch hinter den Kulissen eng verwandt mit dieser Produktion ist. Aus dieser Kapsel stammt auch die mit dichter Nostalgie versetzte Atmosphäre von Fahrradfahrten zur Schule, Unsicherheiten im Umgang mit Erwachsenen und Angst vor viel zu dunklen Kellern.

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Der Horrorfilm hat in den letzten Jahren einen großen kommerziellen Siegeszug gefahren – die Gewinnspannen sind riesig, die Schrecken spielen es sicher, die wühlenden Klauen des Terrors bekommen gepolsterte Ofenhandschuhe aufgestülpt, damit die Altersfreigabe bei 12 und der Zuschauer nicht allzu verstört zurückbleibt.

Das Es sich trotzdem was traut, zeigt sich, als bereits vor der Titelsequenz so brutal ein junges Opfer gerissen wird, dass selbst ein hartgesottener Horror-Veteran kurz schlucken muss. Und das ist ein mutiger Move, der sich auszahlt – Fans der Vorlage werden so auf den Beinen gehalten, denn wenn dieser Film den Kids wirklich weh tun darf, könnte er es auch jederzeit wieder tun…

Der anschließend gelieferte Horror ist umso effektiver, da wir den liebenswerten und von unglaublich guten Kids gespielten Helden wirklich wünschen, dass sie es irgendwie schaffen, diese Welt aus real gewordenen Kindheitsängsten und noch viel furchterregenderen Erwachsenen zu navigieren und dabei ein ähnlich grausiges Schicksal zu vermeiden.

Als großer Horror-Freund fällt es mir schwer, mich bei Filmen noch wirklich zu gruseln, aber hier wird über die Kindheits-Nostalgie eine effektive Direktleitung zu den eigenen Schrecken aus Kindertagen gebaut, wo man in dunklen Häusern an irgendwie verstörenden Kunstgegenständen vorbeigehen musste und hilflos den zerstörerischen Launen der älteren Kids ausgesetzt war. Selbst wenn wir uns also als mittlerweile erwachsene Zuschauer nur spärlich ängstigen lassen, haben wir doch zumindest Sympathie für die Helden des Losers Club und ihr Kaleidoskop an Ängsten und Unsicherheiten.

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Auf der anderen Seite lauert Bill Skarsgårds Pennywise, der alle möglichen Noten zwischen Sexualstraftäter und Mordbestie abklimpert. Dabei wird er von wirklich kreativen und schicken Effekten der praktischen und digitalen Art unterstützt. Auch wenn er nicht das überdreht-kommandierende Charisma eines Tim Curry mitbringt, ist er dennoch ein würdiger Nachfolger, der einer ganz neuen Generation von Kids ne Scheißangst vor Clowns machen wird.

Das größte Problem der Produktion hängt aber auch mit dem Spuk zusammen: Wer auch immer hier für den Sound zuständig war, hatte genau null Chill. Jeder Moment, der die Chance hat, einem in Mark und Bein zu kriechen, wird von tösendem Soundtrack-Gebumse übertönt, bevor man das Gesehene überhaupt auf sich wirken lassen kann. Dabei wäre das ganze so viel gruseliger, wenn die beizeiten wirklich kreativ-verstörenden Bilder für sich stehen würden: Einer der für mich gruseligsten Momente war, als sich eine unscharf im Hintergrund bewegende Figur auf einmal seltsam verhält, ohne dass es lautstark telegraphiert wird. Mehr davon, weniger Jump Scares.

Trotz dieses kleinen Wermutstropfens ist It ein zeitlich wichtiger Vorreiter für wirklich guten Horror im Mainstream – jenseits der experimentellen Szene und mit deutlicher Distanz zu der überzuckerten und ideenlos zubereiteten frei-ab-12-Massenware voller leerer Grusel-Kalorien. Da freut man sich dann auch tatsächlich gerne wieder aufs nächste Halloween, vorausgesetzt Pennywise lässt nicht wieder 27 Jahre auf sich warten.

 

 

 

 

 

 

5 Gedanken zu “It

  1. In vielen Punkten bin ich deiner Meinung, aber ich fand, dass „ES“ sich gegenüber anderen modernen Horrorfilmen mit Jump Scares eigentlich zurückhält.
    Fandest du den allgemeinen Soundtrack auch übertrieben oder nur in den Schocker-Momenten?

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    1. Nö, der Soundtrack war schwer in Ordnung. Und du hast wohl recht, dass die Jump Scares nicht annähernd so billig und inflationär gebraucht werden wie in so manchem anderen modernen Horror-Streifen. Ich wünsche mir nur ein klein wenig Subtilität und Fingerspitzengefühl in meinen Schreckmomenten zurück, meckere bei diesem tollen Film da aber auch auf echt hohem Niveau. 🙂

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  2. Pennywise macht mir in diesem Film eine scheiß Angst…und normalerweise habe ich nicht mal ansatzweise Angst vor Clowns. Den Kids gebührt auch ein fettes Lob. Allesamt hervorragende Leistung. Diesen Film würde ich mir noch ein zweites Mal anschauen, weil er so gut war.

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